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Intermittierendes Fasten verstehen – Teil 1: Autophagie

Aktualisiert: 21. Juli 2021


Muskelaufbau, Fettreduktion, bessere Blutwerte, erhöhte Gehirnleistung – Intermittierendes Fasten ist in aller Munde. Es gibt fast schon einen Fasten Hype. Zu Recht?!

Ich betreibe es seit über 6 Jahren und kann es aus unterschiedlichen Gründen empfehlen. Egal ob in der Fitness Szene oder in Sachen Gesundheit und Heilfasten, es gibt viele vielversprechende Ansätze. In dieser Artikelserie beleuchte ich den Prozess hinter dem Phänomen, die spannendsten Effekte durch IF (Intermittierendes Fasten) auf unseren Körper, die bekanntesten Konzepte und ziehe am Ende ein bahnbrechendes Fazit.


Warum Fasten wir eigentlich (nicht)?


Mit Blick auf die Evolution und Menschheitsgeschichte steht eines wohl fest: Wir haben noch nie so viel und so oft “gefressen” wie heute. “Früher war alles besser” – dieser Spruch ist eigentlich nicht mein Kredo, allerdings passt er an dieser Stelle einfach perfekt.

Die längste Zeit seines Daseins hat der Mensch zu wenig auf dem Teller liegen gehabt. Er musste sich stetig damit beschäftigen, wie er an Nahrung herankommt um darüber sein Energieniveau zu halten oder lebensnotwendige Proteine zu essen. Innerhalb des Körpers hat sich der Stoffwechsel genau auf diese Situation eingestellt. Der Stoffwechsel ist grundsätzlich darauf programmiert mit wenig auszukommen (zumindest zeitweise). Dafür hat er ein paar Mechanismen entwickelt, die auch in “schweren” Zeiten den Motor am laufen halten.

Es existieren Hormone, die uns Energie innerhalb des Körpers verfügbar machen, ohne Nahrung aufzunehmen. Mit anderen Worten, wir können (und müssen), laut “Stoffwechselprogramm” in einem Mangelzustand trotzdem weiter existieren. Wir bekommen zwar langsam Hunger und fühlen uns gestresst, grundsätzlich ist eine “Fastenphase” jedoch sehr gut um den inneren Stoffwechsel in Gang zu halten. Hunger und hochwertige Nahrungsaufnahme sollten in einer gesunden Balance stehen.

Hunger → Bewegen (Jagen/Sammeln) → Essen → Entspannen ist dafür die Blaupause.

Jetzt schaltet dein Körper in den Aktivitätsmodus und greift auf die Energiereserven des Körpers zurück. Genau jetzt beginnt der Vorgang im Körper, der so gesund ist: Fasten und Autophagie!


Fasten und Autophagie


Am 3. Oktober 2016 wurde der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin an Yoshinori Ohsumi für seine Entdeckung von Mechanismen der Autophagie verliehen.

Aber was ist Autophagie? Das Wort leitet sich vom griechischen auto (Selbst) und phagein (essen) ab. Also bedeutet das Wort buchstäblich, sich selbst zu essen. Im Wesentlichen ist dies der Mechanismus des Körpers, um alle alte Zellbestandteile, Organellen, Proteine und Zellmembranen loszuwerden. Der Prozess wird besonders hochreguliert wenn nicht mehr genug Energie vorhanden ist, um sie zu erhalten. Man kann diesen Vorgang ohne Zweifel als geregelten, geordneter Prozess zum Abbau und Recycling von Zellbestandteilen beschreiben. Sobald wir also in den “Fastenmodus” kommen, verlieren wir nicht nur Fett, werden leistungsfähiger, sondern reparieren auch unseren Körper von innen. Ein echtes Wunderwerk!

Das Phänomen der Autophagie wurde erstmals 1962 beschrieben, als Forscher einen Anstieg der Zahl der Lysosomen (der Teil der Zelle, der den “Abfall” zerstört) in Rattenleberzellen nach einer Infusion von Glucagon fest stellten.

Ein weiterer Nobelpreisträger Christian de Duve prägte den Begriff Autophagie. Beschädigte subzelluläre Teile und unbenutzte Proteine werden zur Zerstörung markiert und dann an die Lysosomen geschickt, um die Arbeit zu beenden.

Betrachten wir des Vorgang durch die Perspektive eines Biochemikers: Einer der wichtigsten Regulatoren der Autophagie ist die Kinase namens “Ziel des Rapamycins im Säugetier” auf englisch: mammalian target of rapamycin (mTOR). Wenn mTOR aktiviert ist, unterdrückt es die Autophagie, und wenn es inaktiv ist, fördert es sie. Es handelt sich bei mTOR um ein für Überleben, Wachstum, Aufbau und Abbau von Zellen wichtiges Enzym.


Wie kann man mTOR ausschalten und die Vorteile der Autophagie für sich nutzen?


Beim “Ausmisten” in den Zellen bzw. der Zellreinigung identifiziert der Körper alte und minderwertige zelluläre Bestandteile und markiert sie zur Zerstörung. Es ist die Anhäufung von all diesem Müll, der für viele der Auswirkungen des Alterns verantwortlich ist. Während der Autophagie werden schadhafte Zellen in den kontrollierten Selbstmord (= Apoptose) geschickt und ausgediente Proteine werden abgebaut und recycelt. Ein kontrollierter “Zelltod” ist also durchaus wünschenswert von Zeit zu Zeit.


Gleichzeitig stimuliert Fasten auch das Wachstumshormon, das unseren Körper dazu anregt, neue Teile für den Körper zu produzieren. Unser Körper wird also richtig renoviert durch den Anstieg des sogenannten Human Growth Hormon (HGH).

Das ist auch unter dem Namen Somatotropin bekannt. Es wird im vorderen Anteil der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet. Es wird im Schlaf ausgeschieden und im Alter leider immer weniger verfügbar. Ab dem 30. Lebensjahr kommt es zu einer natürlichen Hemmung, die allerdings durch unseren “üppigen” Lebensstil noch deutlich gesteigert wird.

Fest steht das Wachstumshormon ist eines der wichtigsten Hormone des Körpers und greift regulierend in die allermeisten Funktionskreise des Körpers ein. Jede Zelle des Körpers hat Rezeptoren für das Wachstumshormon. Gut zu wissen: HGH arbeitet zum Schutz der Muskulatur und Erhöhung des Fettstoffwechsels (Quelle)


Was schaltet die Autophagie aus?


Nichts einfacher als das: Essen und das möglichst oft und kalorienhaltig. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel/ Insulinspiegel (oder vermindertes Glukagon) oder die Aufnahme von Proteinen schalten diesen Selbstreinigungsprozess aus. Autophagie ist ein stark regulierter Prozess, der über den schon erwähnten mTOR-Signalweg geregelt wird. Was kann man sich unter genauer mTOR vorstellen? mTOR ist maßgeblich an der Regulation von Zellwachstum und Zellteilung beteiligt. Eine verringerte mTOR Aktivität ist mit Langlebigkeit verbunden. Das Molekül ist heute zentraler Angriffspunkt zur Behandlung alterungsbedingter Erkrankungen wie Krebs, Typ II Diabetes und neurodegenerativer Krankheiten. Eine Überaktivierung steht beispielsweise in direktem Zusammenhang mit Tumorwachstum. Daher ist es maßgeblich mTOR – so wenig wie möglich zu aktivieren. Genau das passiert beim Fasten. Hier geht es natürlich immer im ein gesundes Gleichgewicht. Man wird krank von zu viel und von zu wenig Autophagie. Das bringt uns zurück an den Anfang des Artikels. Es kommt auf ein natürliches Gleichgewicht an. Keine ständige Diät, sondern phasenweises Fasten über den Tag oder die Woche. So können Zellwachstum während des Essens und Zellreinigung während des Fastens im Gleichgewicht stehen. Wie immer dreht sich alles um das Gleichgewicht.

Im nächst en Teil der Serie geht es um die Herstellung des Gleichgewichts: Die praktischen Konzepte hinter der Theorie wie 5/2 Methode, 16/8 Methode, Warrior oder Renegade Diät.


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